Part III: Oben

Wir wandern vom inneren Genitalbereich nach oben – unters T-Shirt zu unseren sekundären Genitalien:

Den Brüsten/Busen/Boobs/You name it. Eine Körperregion mit vielen Namen, welche unterschiedliche Facetten ansprechen. Die weiblichen Brüste leiten sich z.B. von der allgemeinen Brust ab, die sowohl beim männlichen als auch beim weiblichen Geschlecht zu finden ist. Der Begriff Busen wiederum entstammt wahrscheinlich der indogermanischen Verbwurzel bheu–, was so viel bedeutet wie "anschwellen, aufquellen, blasen", und bezieht sich auf die "angeschwollene Brust" bei Frauen. Und dann gibt es noch etliche umgangssprachliche Bezeichnungen: Neben Boobs zum Beispiel auch Titten, Hupen oder Melonen. Ihre Verwendung erfordert Achtsamkeit, da sie je nach Kontext und Situation als vulgär oder respektlos empfunden werden können. 

In unserem westlichen Kulturkreis werden die Brüste der Frau mehr als jedes andere Körperteil als sichtbares Sinnbild für Weiblichkeit und (erotische) Attraktivität gesehen. Ihnen werden Lieder gewidmet, Gedichte handeln von Ihnen und in Gemälden werden sie verewigt. Der Hype um Brüste ist dabei keine Erfindung der Neuzeit. In vielen Kulturkreisen werden sie schon lange in Szene gesetzt, gepusht, versteckt, beäugt und bewertet. 
Die Vorstellung, dass die weibliche Brust schon immer und überall Objekt der männlichen Begierde war, ist heute jedoch widerlegt. Erst seit der Renaissance, etwa im 15./16. Jahrhundert, begann die europäische Gesellschaft, die weibliche Brust zu sexualisieren, beeinflusst durch einen Wandel in der Gesellschaft und ihren Sitten. Vor dieser Zeit lag der Fokus der sexuellen Aufmerksamkeit primär auf dem Po, während die Brüste hauptsächlich als Symbole für Fruchtbarkeit und Leben verehrt wurden. Auch heute gibt es Gesellschaften, in denen die weibliche Brust nicht mit Sexualität in Verbindung gebracht wird - beispielsweise bei einigen afrikanischen Völkern. In Westmali stieß die Vorstellung, dass Frauen in anderen Ländern ihre Brüste bedecken sollten, auf Unverständnis und Gelächter – dies sei vergleichbar damit, als müsse man seine Ellenbogen verdecken.

Forschungen ergeben, dass die Bewertung der Brüste  – welche sich meist auf ihre äußerliche Form und Größe bezieht –  in vielen Kulturkreisen stark mit dem gesellschaftlichen Frauenideal einer Zeit zusammenhängt. So sollten Frauen beispielsweise im 19. Jahrhundert einem mütterlichen Schönheitsideal entsprechen, was große Brüste in den visuellen Fokus stellte. In den 60ern hingegen war es die freie und unabhängige Frau, die einem Ideal entsprach, was sich in einer Präferenz für kleinere Brüste widerspiegelte. Heutzutage gilt ein sportlicher, straffer Körper mit eher kleinen, festen Brüsten als "attraktiv", was wiederum auf eine Annäherung an die als maskulin betrachtete Körperästhetik hinweist.

Die weibliche Brust beginnt zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr unter der Einwirkung von Geschlechtshormonen sichtbar zu werden und spielt fortan eine wesentliche Rolle für das Selbstwertgefühl einer Frau und die Entwicklung ihrer weiblichen Identität. Viele Frauen fühlen sich minderwertig, wenn ihre Brüste nicht der gängigen Vorstellung eines vermeintlich "perfekten Busens" entsprechen. 
Um Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen und eine Faszination für die eigenen Brüste zu entwickeln, hilft es, in die Anatomie einzusteigen und das Duo einmal näher kennen- und lieben zu lernen. Also, let’s go: 

Die weibliche Brust (lat. mamma feminina) besteht vorwiegend aus Fettgewebe, den darin eingebetteten Milchdrüsen und einem System von Milchgängen, die in die Brustwarze – auch Nippel genannt – münden. Die Gesamtheit der Milchdrüsen und Milchgängen ergibt das  Milchdrüsengewebe. Ihre Form und ihren Halt bekommen die Brüste durch stützendes Bindegewebe, welches unter anderem aus Kollagen besteht. Sie sitzen auf dem Brustmuskel, der die Rippen bedeckt, und enthalten dabei selbst keinerlei Muskelgewebe.

Das Milchdrüsengewebe ist in etwa 15-20 Drüsenlappen aufgeteilt. Diese sind sternförmig um die Brustwarze herum angeordnet. Einen Drüsenlappen kann man sich optisch wie eine Brombeere vorstellen: eine Ansammlung von mehreren kleineren Einheiten, den Drüsenläppchen. Drüsenläppchen bestehen ihrerseits aus noch kleineren Einheiten, den Drüsenbläschen, welche wiederum aus Milchbildungszellen und dazwischenliegenden Hohlräumen, sogenannten Lumen, bestehen. 
Damit die in den Drüsenbläschen gebildete Milch es bis in die Brustwarze schafft, gibt es die Milchgänge, welche ihr als Transportstrecke dienen. Die Struktur der Milchgänge könnt ihr euch wie eine Baumkrone vorstellen. Die feinen Milchgänge sind vergleichbar mit den feinen Ästchen eines Baumes, die sich mit anderen feinen Ästchen zu dickeren Ästen vereinen und schließlich im dicken Baumstamm zusammenkommen. So fließen auch die feinen Milchgänge in dickeren Milchgängen zusammen und münden schließlich in die großen Milchgänge, die in der Brustwarze enden. An den Enden der großen Milchgänge gibt es kleine Ausbuchtungen, sogenannte Milchsäckchen. Diese erleichtern dem Baby das  Saugen, indem sie als Pumpe fungieren. 
Jeder der 15-20 Drüsenlappen ist über einen großen Milchgang mit der Brustwarze verbunden – da kommt ein ordentliches Mittagessen für ein Baby zusammen.

Das Stillen, also die Produktion von Muttermilch für ein Baby, entspricht der primären biologischen Funktion der Brüste. Der pigmentierte – eingefärbte – Bereich um die Brustwarze herum wird Brustwarzenhof genannt. Diese Pigmentierung der Brustwarze und des Brustwarzenhofs soll dem neugeborenen Baby als Orientierung dienen, da sein Sehvermögen in der ersten Zeit noch begrenzt ist.
Anders als beim Menschen ist bei den meisten weiblichen Primaten kaum ein Unterschied in der Brustgröße zu den männlichen Artgenossen zu erkennen. Daher erklärt man sich auch die Entwicklung, dass Brüste beim Menschen in vielen Kulturkreisen die Funktion der sexuellen Anziehungskraft auf den Partner erfüllen können, indem sie Blicke anziehen, verführen, erregen. 
Zusätzlich gehört die Brustwarze (auch bei Männern) zu den erogenen Zonen – also den Bereichen, die durch Berührung, Streicheln oder Küsse sexuell erregbar sein können. Die Brustwarze ist mit zahlreichen Rezeptoren ausgestattet, die auf Berührung und auch auf Kälte reagieren und zu "harten Nippeln" führen können. Grundsätzlich ist der anatomische Aufbau der Brust beim Mann und der Frau sehr ähnlich. So können auch Männer harte Nippel bei Stimulation oder Kälte bekommen und – jetzt wird es spannend – sind sie biologisch auch dazu in der Lage, Milch zu produzieren. Denn auch ihre "Brüste" sind mit Milchdrüsen & Co ausgestattet – eine evolutionäre Besonderheit, die kaum Verwendung findet. 

Während der Pubertät beobachtet ihr sicher, wie eure Brüste anfangen zu wachsen. Das hängt in dieser Phase vor allem mit der vermehrten Ausschüttung des Hormons Östrogen zusammen, wodurch das Fettgewebe zunimmt und sich die Brustdrüsen entwickeln. Das Wachstum der Brust bei Mädchen wird oft als Beginn des Übergangs ins Erwachsenen- und insbesondere ins Frauenleben wahrgenommen. Dieses Wachstum ist meistens mit dem Ende der Pubertät, also etwa mit 15–17 Jahren, abgeschlossen. Auch die Brustdrüsen sind zu diesem Zeitpunkt vollständig ausgebildet, können allerdings während einer Schwangerschaft und der darauf folgenden Stillperiode vorübergehend erheblich an Größe zunehmen. 

Wenn ihr euch eure Brüste anschaut, vielleicht auch die eurer Freundinnen, könnt ihr sicherlich die Unterschiede in ihren Formen und Größen erkennen. Diese Vielfalt ist abhängig von genetischen Faktoren, dem Anteil des Fett- und Bindegewebes, aber auch von hormonellen Veränderungen während des Zyklus oder der Schwangerschaft. 
Die hormonabhängige Veränderung des Brustgewebes wird stark durch die Östrogen- und Progesteronwerte beeinflusst. Zu Beginn der Menstruation ist die Konzentration der beiden Hormone sehr gering. Die Brüste sind in dieser Phase kleiner, flexibler und weicher. Die Milchdrüsen in den Brüsten können als Vorbereitung auf eine mögliche Schwangerschaft allerdings angeschwollen und für dich als kleine Knötchen spürbar sein - keine Angst, das ist zu diesem Zeitpunkt völlig normal. Im Laufe der Periode nimmt die Schwellung der Milchdrüsen ab, sodass deine Brüste noch kleiner und weicher werden. Etwa um den dritten Tag nach der Periode sind sie so weich, dass das Innere sehr gut ertastbar ist – gerade dieser Zeitpunkt ist optimal zum Abtasten der eigenen Brüste für die Brustkrebsvorsorge! 
Während der zweiten Zyklushälfte, also in der Phase nach dem Eisprung, steigt die Menge an den Hormonen Östrogen und Progesteron in deinem Blut an, was zu Wassereinlagerungen in den Brüsten und damit zum Anschwellen dieser führt. Da es sich beim anschwellenden Gewebe um das Gewebe zwischen den Drüsenläppchen handelt, kann es in dieser Zeit zu einem Spannungsgefühl, beidseitigem Schmerz oder Überempfindlichkeit der Brüste kommen. Bewegungen, die unsere Boobs stark ins Wanken bringen, wie Joggen, Trampolinspringen oder sogar Treppensteigen, können in dieser Zeit schmerzhaft sein.

Manche haben vielleicht von dem Phänomen gehört oder es selbst erlebt, dass während der Pilleneinnahme die Körbchengröße zunimmt. Auch das kommt durch den in einigen Pillen enthaltenen Mix aus Progesteron und Östrogen, was wieder zu den bereits bekannten Wassereinlagerungen führt.
Die hormonellen Effekte können so signifikant sein, dass heutzutage sogar hormonelle Brustvergrößerungen als Alternative zu den operativen Brustvergrößerungen angeboten werden.  Dabei werden durch die Einnahme von Progesteron und Östrogen Vergrößerungen um bis zu 30% versprochen. Aber: auch wenn das reizvoll klingen mag – Hormone sind eine tricky Sache, denn sie beeinflussen uns an vielen Stellen und können verschiedene Wirkungen und nicht erwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen. Ihr Einsatz sollte sorgfältig abgewogen werden.

So viele Aspekte sind noch zu vertiefen, so viel Neues noch zu lernen – doch für dieses Intro ziehen wir unser Fazit: Brüste sind einfach großartig. Sie sind Quelle von Nahrung und Verbindung während des Stillens, sowie Ausdruck individueller Schönheit und Vielfalt. Ob groß, klein, schlaff oder prall – jede Brust ist einzigartig und besonders. Eine universelle Norm sollte nicht darüber entscheiden, was als "richtig" oder "schön" gilt, denn ihre Funktion ist weitaus bedeutsamer als ihre äußere Erscheinung. Lasst uns diese Wunder der Natur gebührend feiern 🥳

Quellen:

https://acteurdemasante.lu/de/brustkrebs/die-weibliche-brust-ihre-anatomie/
https://de.wikipedia.org/wiki/Weibliche_Brust
https://www.hormonspezialisten.de/fortbildung/veranstaltungskalender
https://www.dr-fruehmann.at/lifestyle-schoenheit/hormonelle-brustvergroesserung/
https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/weibliche-genitalverstuemmelung/aktuelles/archiv/2043-brustbuegeln-eine-wenig-bekannte-harmful-practice
https://de.wikipedia.org/wiki/Brustwarze
https://www.elle.de/life/brueste
https://www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/4748-die-bedeutung-der-brust-fuer-die-frau
https://www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/4747-aufbau-und-funktion-der-weiblichen-brust
https://www.deutschlandfunk.de/maennliche-brustwarzen-keine-unnuetze-verzierung-100.html

https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/441151003-der-reiz-des-nackten-busens-warum-maenner-starren

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